Levy IV

1. Levy, Max Moses, Rentner, ehemals Bankier, Hofrat
	geb. 19.12.1858 in Worms
	verheiratet mit

2. Levy, Maria Helene geb. Feldheim
	geb. 18.7.1870 in Mainz

Kinder:

3. Levy, Carola Fanny
	geb. 22.8.1893 in Worms

4. Levy, Franz Leopold Dr. Ing.
	geb. 13.3.1899 in Worms

(Von der Familie gestiftete Synagoge I, II)

Familie Max Levy wohnte ab 2.5.1898 im eigenen Haus Festhausstraße (später Rathenau-, 1933-1945 Horst-Wessel-, alsdann wieder Rathenaustraße) 18. Vordem wohnte Max Levy seit seiner Heirat (30.10.1892) in der Siegfriedstraße.

Max Levy entstammte einer Familie wohlhabender Gutsbesitzer, welche in Groß-Bockenheim (Pfalz) ansässig war. Die Urgroßeltern waren Moses Levy und seine Ehefrau Clara geb. Abraham. Der Großvater Leopold (1801-1877) wurde 1823 in Worms ansässig und heiratete im gleichen Jahr die in Abenheim geborene Wormser Bürgerstochter Cornelie (irrtümlich Caroline) Loeb (1802-1871). Sein zwei Jahre älterer Bruder Abraham Levy war Weinhändler in Worms. Leopold war Getreidehändler, betrieb aber zunehmend Finanzgeschäfte, die schließlich zur Aufgabe des Getreidehandels führten. Sein Lagerhaus stand auf einem Grundstück in der Judengasse. Im Jahr 1870 entstanden die ersten Entwürfe zum Umbau in eine neue Synagoge, die der Stifter im Jahre 1875 der Gemeinde schenkte, die "Levy Synagoge".

Leopold und Cornelie Levy hatten drei Töchter, Johannette, Friederike (die nur wenige Wochen lebte), sowie Emma, und vier Söhne, Markus, Bernhard, Jacob und August. Die Töchter heirateten nach Frankfurt, die Söhne Bernhard und August ließen sich als Rechtsanwälte in Mainz nieder, Jacob lebte zumeist in Paris. Der älteste Sohn Markus Levy (25.6.1825 - 12.11.1904) trat zunächst in den väterlichen Getreidehandel ein. Um 1857 eröffnete er im elterlichen Haus, Kämmererstraße 53 / Ecke Ludwigsplatz, die Privatbank Marcus Levy, welche im Laufe der Jahre zur Aufgabe des Getreidehandels führte. Das Haus, in dem Marcus bis zur Jahrhundertwende lebte, war ein altes Patrizierhaus und umschloss einen gepflasterten Hof, in welchem Pfauen gehalten wurden und Oleanderbäume standen.

Markus Levy heiratete am 10.12.1857 Clara Amanda Gernsheim (22.12.1937 -3.4.1916), Tochter aus einer der ältesten Wormser Judenfamilien (s. Gernsheim I und II). Marcus war 24 Jahre lang Vorsteher der jüdischen Gemeinde.

Aus der Ehe entstammte ein Sohn Max (Moses) Levy. Das väterliche Bankgeschäft wurde um die Jahrhundertwende von der in Worms eröffneten Filiale der Pfälzischen Bank übernommen und Max und sein Vater lebten fortan als Rentner.

Max Levy war eine bekannte Wormser Persönlichkeit, welche sich vielfältig für öffentliche, kulturelle und wohltätige Belange einsetzte. Im ersten Weltkrieg war er unermüdlich im Roten Kreuz, in der Vermisstenermittlung und Hinterbliebenenfürsorge tätig. Seine Verdienste wurden durch 6 hohe Orden und Ehrenzeichen anerkannt sowie im Jahre 1917 durch die Verleihung des Titels Hofrat durch Ernst Ludwig Großherzog von Hessen und bei Rhein.

Max Levy schrieb sachkundig eine Reihe von Beiträgen zur Stadt-, und Landesgeschichte und zur Geschichte der Wormser Judengemeinde, deren Vorsteher er war. Schon in jungen Jahren war er tatkräftiger Mitarbeiter des im Jahre 1879 gegründeten Wormser Altertumsvereins und Förderer des wiedererwachenden Geschichtsbewußtseins. Ein so innig mit der Tradition seiner Familie und seiner Heimatstadt verbundener Mann vermochte nicht an den Untergang seiner vertrauten Umwelt durch Hitlers Horden zu glauben.

Die schlimmsten Entwürdigungen blieben ihm erspart, als ihn am Abend des 20.12.1936, ein Tag nach Vollendung seines 79. Lebensjahres, auf dem Heimweg von der Synagoge in der Judengasse der Tod ereilte.

Seine Frau Maria Helene geb. Feldheim lebte nun allein in Worms und zeitweise bei ihrer verwitweten Schwester in Mainz. Beim Kristallnacht-Pogrom am Morgen des 10.11.1938 wurde in der Levy'schen Wohnung, Horst-Wessel-Straße 18, besonders schlimm gewütet. Es war für Frau Levy ein glücklicher Zufall, dass sie sich an diesem Tag in Mainz befand, aber ihre betagte treue, langjährige Haushälterin Lisette Gries wurde von den einbrechenden Horden überrannt, Möbel wurden zerschlagen und auf die Straße geworfen, Familienbilder und Kunstschätze - darunter ein Gemälde von Van Dijk - wurden vernichtet.

Danach betrieb Frau Levy ihre Auswanderung und zog am 18.3.1939 zu ihrer in Basel verheirateten Tochter. Nach deren Übersiedelung im Jahre 1941 nach USA lebte Frau Levy in einer Fremdenpension in Zürich. Dort verbrachte sie ihren Lebensabend in einem kleinen Freundes- und Familienkreis und unterhielt regen Briefwechsel mit alten und jungen Freunden aus aller Welt. Wenige Monate vor Vollendung ihres 90. Lebensjahres, 1960, schloss die Ehegefährtin von Max Levy ihre Augen in Zürich und wurde an der Seite ihres Mannes in Worms beigesetzt.

Die Tochter Carola Fanny heiratete im Jahr 1924 den Schweizer Bankier Dr. Ferdinand Kaufmann in Basel. Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder, Hannah und Henry. Carola Levy, die bereits in jungen Jahren ihr Sprachlehrerinnen-Examen bestanden hatte, hatte den Arbeitsdrang und die Arbeitskraft ihres Vaters geerbt, dem sie während des ersten Weltkrieges beim Roten Kreuz unermüdlich zur Seite stand. Nachdem Carola Kaufmann-Levy bereits während ihrer Basler Jahre (1924-1941) zum Vorstand der jüdischen Organisation für Berufsausbildung (ORT) gehörte, wurde sie bald nach Übersiedlung ihrer Familie nach New Rochelle (New York) zur Vorsitzenden dieser Organisation gewählt und als deren Delegierte zu United Nations.

Nach dem Krieg nahm sie Verbindung mit Worms auf und überließ dem Stadtarchiv mancherlei Familienpapiere. Sie starb am 3.11.1975 in New Rochelle. Ihre verheirateten Kinder und Enkel leben in New York und Scarsdale. Henry heiratete im Jahr 1961 Barbara Lurie in New York.

Dieser Ehe entstammten zwei Kinder, ein Sohn Frederic David geb. 1963 und eine Tochter Nancy Claudia geb. 1967.

Max Levys Sohn Dr. Ing. Francis (ehemals Franz) Leopold Levy war 1917 Abiturient des Wormser humanistischen Gymnasiums und anschließend bis zum Ende des ersten Weltkrieges im Feld (Flieger-Abteilung 9). Er studierte alsdann Maschinen-Ingenieurwesen in Karlsruhe und München. Nach einer kurzen Zeit bei der AEG in Berlin und Heirat mit Susan Meyer übernahm er im Jahre 1929 für eine belgische Gesellschaft die Entwicklung und den Betrieb der ersten europäischen Eisenbahn-Maschinenkühlwagen. In Antwerpen wurde er am 10.5.1940 durch den Einfall von Hitlers Armee überrascht und in verschiedene Konzentrationslager in Südfrankreich verschleppt, aus denen er nach 14 Monaten mit Hilfe eines Kuba-Visums entkam. Im Jahre 1945 begann er sich in London eine neue Existenz aufzubauen, als beratender Ingenieur auf dem Gebiet des Kältewesens. Er ist Verfasser zahlreicher wissenschaftlicher Arbeiten auf diesem Gebiet, Mitglied der Verwaltung britischer und amerikanischer Fach-Institute und Ehrenmitglied des internationalen Kälte-Instituts in Paris. Er lebt mit seiner Ehefrau in Richmond. Seine einzige in Antwerpen geborene Tochter Ruth arbeitet und lebt in London. Auch Dr. Levy hat wieder Verbindung mit Worms, und er und seine Frau sind bewußte Träger alter Familientradition.

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Quellen: Adreßbücher, KEM, Mb, AK-VHS, EinwVz (im Stadtarchiv), Grabsteine auf dem alten Wormser Judenfriedhof, Aufsätze: Fritz Reuter, Jüdisches Worms, von Juden beschrieben, in: Wonnegauer Heimatblätter, 18. Jg. Nr. 11, Nov. 1973, ders. Leopold Levy und seine Synagoge von 1875 in: Wormsgau, 11.Bd. 1974/75 S. 58 ff, Humanitas 2.F.,H.10, S. 454 f, Briefe von Frau Carola Kaufmann und Dr. Francis Levy